Welche Gedanken sollten wir uns bei der Errichtung eines Vorsorgeauftrags machen? Was gilt es zu beachten? In ihrem Beitrag geht Annina Spirig, Spezialistin für persönliche Vorsorge, diesen Fragen nach.
Während der Errichtung eines Vorsorgeauftrages denken wir laut über ein Szenario nach, in welchem wir aufgrund von Krankheit oder Unfall nicht mehr in der Lage sind, eigenständig zu entscheiden und zu handeln. Wir machen uns Gedanken zu einer Situation, in der wir allenfalls auf eine Person angewiesen sein werden, die stellvertretend in unserem Sinne handelt. Diese Person wird in persönlichen, finanziellen und rechtlichen Belangen Entscheidungen sowie alle Vorkehrungen treffen, damit wir gut umsorgt sind. Ob ein solches Szenario tatsächlich einmal eintrifft, ist nicht voraussehbar. Es liegt aber in unserer Hand, zu überlegen, ob wir eine Person in unserem Umfeld mit dieser Aufgabe betrauen möchten.
Mit dem Vorsorgeauftrag steht uns ein Rechtsinstrument zur Verfügung, mit dem wir selbstbestimmt eine oder mehrere Vertretungspersonen ernennen können. Bevor wir beurteilen, ob wir von diesem Instrument Gebrauch machen wollen, lohnt sich eine Auseinandersetzung mit folgenden Fragen: Gibt es eine Person, die mein vollstes Vertrauen geniesst? Wäre sie als Vertretungsperson geeignet? Was spricht für die Wahl dieser Person, was dagegen? Soll es eine Person aus der Familie sein oder doch eher eine neutrale Drittperson? Ist diese Person bereit, mich zu vertreten?
So vielfältig die Menschen, so verschieden die Antworten auf diese Fragen. Bei einigen fällt die Wahl auf eine Person aus dem engsten Freundes- oder Familienkreis. Andere denken an die beste Freundin, den besten Freund oder kommen zum Schluss, dass im Fall der Fälle eine neutrale Drittperson am besten geeignet erscheint, wenn es um ganz persönliche Angelegenheiten geht. Für Letztere hält der Gesetzgeber massgeschneiderte Beistandschaften bereit.
Sobald wir uns im Klaren darüber sind, durch wen wir vertreten werden möchten, lohnt sich die Frage nach der Kapazität und den nötigen Kompetenzen der Wunschperson. Für Klarheit in diesen Punkten empfiehlt es sich, das Gespräch mit den entsprechenden Personen zu suchen. Haben wir diesen Schritt erfolgreich gemeistert, geht es an die Auftragserteilung: die Erstellung des Vorsorgeauftrages. Hierfür eignet sich die Vorlage aus dem Docupass-Dossier von Pro Senectute. Diese Vorlage lässt sich individuell auf die eigene Situation anpassen.
Weil wir alle einzigartig in der Art und Weise sind, wie wir unser Leben gestalten, sollte das Ziel sein, den Vorsorgeauftrag entsprechend den eigenen Bedürfnissen aufzusetzen. Als Inspiration findet sich auf der Website von Pro Senectute eine Liste mit Mustersätzen. Der Vorsorgeauftrag bildet die rechtliche Grundlage für die Validierung bei der Erwachsenenschutzbehörde. Er ist der Kompass der vorsorgebeauftragten Person. Nach Erstellung des Dokuments ist es ratsam, das Gespräch mit der ernannten Person zu suchen, allfällige Fragen zu klären und eine Kopie des Dokuments auszuhändigen. Das Original kann man – je nach Kanton – bei der lokalen Erwachsenenschutzbehörde deponieren oder zu Hause an einem gut auffindbaren Ort ablegen. Zudem lohnt sich ein Eintrag im Zivilstandsregister.
Da der Prozess in der Erstellungsphase mit vielen Fragen verbunden ist, empfiehlt sich, dafür genügend Zeit und bei Bedarf eine Fachberatung einzuplanen. Die Fachpersonen der kantonalen Pro Senectute Organisationen beraten Sie individuell und umfassend rund um das Thema Vorsorgeauftrag und Erwachsenenschutz. Nach getaner Arbeit können wir uns wieder auf das Hier und Jetzt fokussieren. Die Auseinandersetzung mit der Endlichkeit beinhaltet auch die Chance einer bewussten Ausgestaltung der eigenen Lebenszeit.