Erwachsenenschutzrecht

Das Erwachsenenschutzrecht sichert das Wohl und den Schutz hilfsbedürftiger erwachsener Menschen in der Schweiz. Es trat am 1. Januar 2013 in Kraft und löste das über hundertjährige Vormundschaftsrecht ab. Wir geben Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Aspekte des Erwachsenenschutzrechts. 

Älteres Paar bei der Sozialberatung

«Dank Vorsorgeauftrag und Patientenverfügung haben wir sämtliche rechtlichen Fragen im Falle einer Urteilsunfähigkeit geregelt. So entlasten wir uns und unsere Kinder im Ernstfall.»

Revision des Erwachsenenschutzrechts

Die Revision des Erwachsenenschutzrechts im Jahr 2013 ersetzte das bisherige Vormundschaftsrecht und modernisierte den Schutz erwachsener Menschen, insbesondere von Seniorinnen und Senioren sowie Personen mit Beeinträchtigungen. Das geltende Erwachsenenschutzrecht legt grossen Wert auf die Autonomie und Selbstbestimmung Betroffener: Sie sollen so lange wie möglich Entscheidungen selber treffen. Mit dem Vorsorgeauftrag und der Patientenverfügung bestimmen sie, wer für sie sorgt, wenn sie nicht mehr urteilsfähig sind.

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Erwachsenenschutzrecht für ältere Menschen

Das Erwachsenenschutzrecht berücksichtigt Herausforderungen und spezifische Bedürfnisse, die mit dem Älterwerden einhergehen.

Stärkung des Selbstbestimmungsrechts

Mittels Vorsorgeauftrag kann eine handlungsfähige Person bestimmen, wer im Falle ihrer Urteilsunfähigkeit ihre Rechtsvertretung übernimmt (Art. 360 ff ZGB). Mit einer Patientenverfügung kann sie festhalten, wie sie zu lebensverlängernden Massnahmen steht und eine Vertretungsperson für medizinische Belange bestimmen (Art. 370 ff ZGB).

Massgeschneiderte Beistandschaften

Die Erwachsenenschutzbehörde kann eine Beistandschaft errichten, wenn eine volljährige Person sich aufgrund eines Schwächezustands nicht mehr um die eigenen Angelegenheiten kümmern kann und keine zur Stellvertretung berechtigte Person ernannt hat. Die Aufgabenbereiche der Beistandschaft werden entsprechend den Bedürfnissen der betroffenen Person umschrieben (Personensorge, Vermögenssorge, Rechtsverkehr) und eine massgeschneiderte Beistandschaft errichtet. Dabei wird zwischen folgenden Beistandschaftsarten unterschieden, die auch miteinander kombiniert werden können:

Sie wird mit Zustimmung der hilfsbedürftigen Person errichtet, wenn diese für die Erledigung bestimmter Angelegenheiten begleitende Unterstützung braucht.

Sie wird errichtet, wenn die hilfsbedürftige Person in bestimmten Angelegenheiten vertreten werden muss.

Sie wird errichtet, wenn bestimmte Handlungen der hilfsbedürftigen Person zu deren Schutz der Zustimmung des Beistands oder der Beiständin bedürfen.

Sie wird errichtet, wenn eine Person wegen dauernder Urteilsunfähigkeit besonders hilfsbedürftig ist. Sie bezieht sich auf alle Angelegenheiten der Personensorge, der Vermögenssorge und des Rechtsverkehrs.

Stärkung der Solidarität der Familie 

Ehegattinnen und Ehegatten sowie eingetragene Partnerinnen und Partner haben ein gesetzliches Vertretungsrecht, wenn das Gegenüber urteilsunfähig geworden ist (Art. 374 ZGB). Das Vertretungsrecht umfasst alle alltäglichen Rechtshandlungen, um den Unterhaltsbedarf zu decken sowie um Einkommen und Vermögen zu verwalten. Auch kann die Post geöffnet und erledigt werden. Für die aussergewöhnliche Vermögensverwaltung, wie etwa ein Liegenschaftsverkauf, braucht es die Zustimmung der Erwachsenenschutzbehörde (Art. 374 Abs. 3 ZGB). Auch sieht das Erwachsenenschutzrecht Vertretungsrechte bei medizinischen Massnahmen vor (Art. 378 ZGB). Dabei gilt die folgende Reihenfolge – auch «Kaskade» genannt:

  • die in einem Vorsorgeauftrag bezeichnete Person
  • der Beistand mit einem Vertretungsrecht bei medizinischen Massnahmen
  • Ehegatte, Ehegattin, eingetragener Partner oder eingetragene Partnerin
  • die Person, die mit der urteilsunfähigen Person einen gemeinsamen Haushalt führt
  • Nachkommen
  • Eltern
  • Geschwister

Haben Sie Fragen zum Erwachsenenschutzrecht? Unsere Sozialarbeitenden beraten Sie zur persönlichen Vorsorge.

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Kriterien für Urteilsunfähigkeit im Alter

Die Patientenverfügung und der Vorsorgeauftrag treten in Kraft, wenn bei der betroffenen Person Urteilsunfähigkeit vorliegt. Sie besteht, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:

  • Eine Person ist nachweislich nicht mehr fähig, zu entscheiden, zu handeln und Entscheide zu erklären. 
  • Schwächezustände kognitiver Art oder infolge Krankheit (zum Beispiel fortgeschrittene Demenz) oder infolge Unfalls (zum Beispiel Wachkoma) schränken die Urteilsfähigkeit ein oder führen zu Urteilsunfähigkeit. 
  • Die Frage der Urteilsunfähigkeit muss anhand einer bestimmten Handlung gemessen und für eine spezifische Situation beurteilt werden. So kann jemand für bestimmte Handlungen urteilsfähig und für andere urteilsunfähig sein.
  • Die Urteilsunfähigkeit muss in der Regel ärztlich attestiert werden.