Finanzieller Missbrauch bei Personen ab 55 Jahren

In der Schweiz fiel in den letzten fünf Jahren jede fünfte Person 55+ einer Form von Finanzmissbrauch zum Opfer. Der Anteil Opfer ist im Vergleich zu 2018 rückläufig. Die Schadenssumme stieg um zwei Drittel auf 675 Millionen Schweizer Franken pro Jahr. Das zeigen die Zahlen der Folgestudie zu Finanzmissbrauch bei den 55+.

Ein älterer Herr ist am Telefon und schaut auf seine Kreditkarte.

Aufgrund der pandemiebedingten Digitalisierung hat die Cyberkriminalität in den letzten fünf Jahren den grössten Schaden angerichtet.

Finanzmissbrauch: Mehr Schaden, weniger Opfer

In den letzten fünf Jahren fiel in der Schweiz jede fünfte Person der Altersgruppe 55+ einer Form von Finanzmissbrauch zum Opfer. Der Anteil der Opfer von Finanzmissbrauch ist im Vergleich zur ersten Erhebung im Jahr 2018 rückläufig. Damals betrug er 25,5 Prozent, 2023 19,8 Prozent. Dagegen verzeichnet die hochgerechnete Schadenssumme einen Anstieg um 68,75 Prozent. 2018 belief sie sich auf 400 Millionen, 2023 auf 675 Millionen. Die häufigsten Missbrauchsarten sind der Verkauf nutzloser Dienstleistungen, Phishing und ein vorgetäuschter Virenbefalls des Computers. 

Finanzieller Missbrauch bei Personen ab 55 Jahren in der Schweiz: Nachfolgestudie 2023

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Arten von finanziellem Missbrauch

Betrügerinnen und Betrüger versuchen mit allen Mitteln, anderen das Geld aus der Tasche zu ziehen. Cyberkriminalität, unseriöse Geschäftspraktiken, Diebstahl oder finanzielle Übergriffe im privaten Umfeld: Die Betrugsarten sind vielfältig. Im Vergleich zur Studie von 2018 verzeichnen gewisse Praktiken eine Zunahme, andere einen Rückgang der Opfer und Betrugsversuche. 

Häufigste Formen unseriöser Geschäftspraktiken:

  • Verkauf nutzloser Dienstleistungen und Waren
  • Waren- und Dienstleistungsverkauf zu überhöhten Preisen
  • Fakturierung nicht bestellter Waren oder nicht in Auftrag gegebene Dienstleistungen

Gegenüber 2018 ging die Anzahl Personen leicht zurück, die Ziel und Opfer solcher Praktiken waren. Ein möglicher Grund: Die Pandemie schränkte persönliche Interaktionen ein, die für bestimmte unseriösr Geschäftspraktiken erforderlich sind. 

  Betrugsversuche Geschädigte Durchschnittliche Schadenssumme
Unseriöse Geschäftspraktiken 50,7 Prozent 4,8 Prozent 3643 Franken

Häufigste Formen von Cyberkriminalität:

  • Phishing
  • Vorgetäuschter Virenbefall des Computers
  • Fiktiver IT-Support

Gegenüber 2018 haben sich Betrugsversuche von Cyberkriminalität nahezu verdoppelt. Der Grund: Die zunehmende Digitalisierung im Zuge der Pandemie verlagerte Betrugsformen in den virtuellen Raum.

  Betrugsversuche Geschädigte Durchschnittliche Schadenssumme
Cyberkriminalität 52,8 Prozent 6,9 Prozent 1390 Franken

Häufigste Formen von Diebstahl:

  • Diebstahl in der Öffentlichkeit
  • Diebstahl am Bankomaten
  • Einschleichdiebstahl: Die Täterin oder der Täter klingelt an der Tür und bittet unter Vorwand um Eintritt. In der Wohnung stiehlt sie oder er die Wertgegenstände in Reichweite.

Diese Form von Finanzmissbrauch hat die höchste Erfolgsquote. Jedoch hat sich die Anzahl erfolgloser und erfolgreicher Diebstahlversuche in den letzten fünf Jahren deutlich reduziert. Dasselbe gilt für die Opferquote. Der Grund: Die Pandemie verringerte physische Kontakte und Auslandreisen.

  Betrugsversuche Geschädigte Durchschnittliche Schadenssumme
Diebstahl 8,7 Prozent 5,3 Prozent 1053 Franken

Täterinnen und Täter können Familienmitglieder, nahestehende Personen oder sogar die Lebenspartnerin oder der Lebenspartner sein. Opfer sind oft abgeneigt, darüber zu sprechen oder die Situation als Misshandlungssituation einzustufen. 

Häufigste Formen finanzieller Übergriffe im privaten Kontext:

  • Ausüben von Druck, um Güter oder Geld zu bekommen
  • Missbräuchliche Kontrolle der Ausgaben 
  • Eine Fachkraft, die ihre Stellung missbraucht

Diese Form von Finanzmissbrauch hat im Unterschied zu 2018 die grössten finanziellen Verluste zur Folge. Der Grund: Die Pandemie verstärkte die Abhängigkeit von nahestehenden Personen oder Fachkräften und damit die Missbrauchsmöglichkeiten.

  Geschädigte Durchschnittliche Schadenssumme
Finanzielle Übergriffe im privaten Kontext 5,2 Prozent 122'702 Franken

Häufigste weitere Betrugsarten:

  • «Erst Vorschuss, dann Gewinn»: Die Täterin oder der Täter nimmt Kontakt auf und stellt einen baldigen finanziellen Gewinn in Aussicht. Zuvor müsse man einen Vorschuss und Gebühren zahlen.
  • Schockanrufe: Die Täterin oder der Täter ruft an: Sie gibt an, eine nahestehende Person in Not zu sein und verlangt eine umgehende Zahlung.
  • Anlagebetrug: Die Täterin oder der Täter bietet an, das Vermögen zu verwalten und hochprofitable Anlagen zu tätigen. Danach fallen überhöhte Kommissionen an.

Gegenüber 2018 nahmen die Betrugsversuche zu, die Opferzahl ging zurück. Der Grund: Betrugsversuche verlagerten sich in den virtuellen Raum. Dort fällt es leichter, eine grosse Anzahl Personen zu erreichen. Die Erfolgsquote ist jedoch geringer.

  Betrugsversuche Geschädigte Durchschnittliche Schadenssumme
Weitere Betrugsarten 44,7 Prozent 4,8 Prozent 6823 Franken

Finanzieller Missbrauch: Nationale Studie zur Untersuchung der Betrugsarten in der Altersgruppe 55+ (2018)

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Demografische Unterschiede

Der Anteil der Opfer fällt bei Männern und Frauen ähnlich aus.

  Geschädigte
Männer 19,5 Prozent
Frauen 20,0 Prozent

 

Menschen in hohem Alter (85+) werden häufiger Opfer von finanziellem Missbrauch.

 

Betrugsversuche

Geschädigte
55-64 Jahre 85,5 Prozent 18,9 Prozent
65-74 Jahre 76,3 Prozent 19,5 Prozent
75-84 Jahre 74,5 Prozent 20,9 Prozent
85+ Jahre 58 Prozent 22,2 Prozent

In der Westschweiz werden mehr Menschen im Alter Opfer von finanziellem Missbrauch als in der Deutschschweiz und der italienischen Schweiz.

  Betrugsversuche Geschädigte
Westschweiz 82,8 Prozent 25,9 Prozent
Deutschschweiz 77,1 Prozent 18,2 Prozent
Italienische Schweiz 72,9 Prozent 15,3 Prozent

Finanzmissbrauch: Tabu sinkt, Bekanntheit steigt

54 Prozent der Opfer behielten den Vorfall für sich. 46 Prozent erzählten einem Familienmitglied, der Lebenspartnerin oder dem Lebenspartner, einer nahestehenden Person, der Polizei oder einer Fachperson davon. Ihr Anteil nahm gegenüber 2018 um 7 Prozentpunkte zu: Damals thematisierten nur 39 Prozent der Befragten den erlittenen Finanzmissbrauch. Das zeigt: Das Tabu lockert sich. Sensibilisierung und Bekanntheit des Problems nehmen in der Bevölkerung zu.