Anlässlich der 20. Plattform Sozialberatung setzten sich im November über 100 Sozialberaterinnen und Sozialberater sämtlicher Pro Senectute Organisationen mit der Frage auseinander, welche Rolle der generalistische Ansatz der Sozialberatung in Zukunft spielen soll.
In Diskussion: (v. l.) Marina Hörmann, Ida Boos, Gérard Bonvallat, Véronique Tischhauser-Ducrot und Simon Gerber mit Moderator Peter Burri Follath.
Der generalistische Ansatz in der Sozialberatung bedeutete für Pro Senectute bis anhin, dass grundsätzlich keine spezialisierten Sozialarbeitenden Beratungen anbieten – unabhängig von der Problemstellung. Dieser Ansatz kommt mit zunehmender Komplexität der gesetzgeberischen Voraussetzungen und der digitalen Informationsvermittlung unter Druck.
In Workshops, mit Inputs aus Referaten, intensiver Netzwerkarbeit sowie einer Podiumsdiskussion wurde die Frage nach der Sozialberatung der Zukunft im Rahmen der 20. Plattform Sozialberatung beleuchtet. Praktisch alle Teilnehmenden waren sich einig, dass die generalistische Sozialberatung auch in Zukunft ein zentrales Element der schweizweiten Sozialberatung von Pro Senectute sein müsse. Was Spezialisierungen und digitale Hilfsmittel betrifft, gingen die Meinungen aber auseinander – was sich auch in der rege geführten Podiumsdiskussion widerspiegelte. So appellierte Véronique Tischhauser-Ducrot, Vorsitzende der Geschäftsleitung von Pro Senectute Kanton Zürich, an die Anwesenden, dass der Wille zur Veränderung auf allen Ebenen getragen werden und eine Spezialisierung in gewissen Themen stattfinden müsse. Diese könnte auch in einem Netzwerk erbracht werden.
Ida Boos, Geschäftsleiterin von Pro Senectute Kanton Solothurn, gab zu bedenken, dass gute Qualität in der Sozialberatung nur in einer Arbeitskultur erreicht werden könne, welche Rücksicht auf die Ressourcen aller Beteiligten nimmt. Bei den digitalen Hilfsmitteln und den damit einhergehenden Herausforderungen gingen die Meinungen auseinander: Gérard Bonvallat, stellvertretender Direktor und Leiter der Sozialberatung von Pro Senectute Arc Jurassien, zeigte sich am kritischsten. Nicht nur sprach er sich für einen persönlichen, generalistischen Ansatz in der Sozialberatung aus, sondern auch für die Involvierung weiterer Partner ausserhalb der Gesamtorganisation von Pro Senectute.
Simon Gerber, Bereichsleiter Sozialberatung und Mitglied der Geschäftsleitung von Pro Senectute Kanton Luzern, sah hingegen auch eine Stärke in der Spezialisierung der Sozialberatung: Gerade bei juristischen Fragen rund um die persönliche Vorsorge müssten überregionale Pools von juristisch spezialisierten Fachpersonen ins Auge gefasst werden. Zum Schluss der Plattform unterstrich Marina Hörmann von der Fachhochschule Nordwestschweiz, dass der generalistische Ansatz für Pro Senectute auch in Zukunft zentral bleiben müsse, um dem Anspruch als Fachstelle für alle Altersfragen gerecht werden zu können. Aber auch die Beratung im digitalen Raum dürfe nicht vergessen werden.
Seniorinnen und Senioren konnten 2022 in rund 221'000 Stunden Sozialberatung unterstützt werden. Bei rund 50 Prozent ging es um Finanzen und Sozialversicherungen, danach um Gesundheit, Wohnen, Lebensgestaltung und Recht.
Neun weitere Pro Senectute Organisationen wechselten im Jahr 2022 zur neuen Fallführungs-Software. In digitalen und physischen Schulungen machten sich die Fachpersonen der Sozialberatung mit der neuen Anwendung vertraut. Die Anliegen der Seniorinnen und Senioren konnten trotz der zeitintensiven Umstellung jederzeit aufgenommen werden.
Globale Ereignisse mit weitreichenden Folgen auf die Weltbevölkerung und unsere Gesellschaft zeichnen das Jahr 2022 aus. Viele Seniorinnen und Senioren äusserten ihre Sorge zu den Folgen der Teuerung und der steigenden Energiekosten. Pro Senectute beobachtet diese Entwicklungen insbesondere mit Blick auf die finanziell vulnerablen Klientinnen und Klienten der Sozialberatung genau.
300'000 ältere Menschen leben gemäss der Erkenntnisse des neuen nationalen Altersmonitors von Pro Senectute an der Armutsgrenze. 46'000 von ihnen sind ausweglos arm. Armut hat zudem negative Auswirkungen auf die körperliche und psychische Gesundheit und verstärkt oft Einsamkeit. Ergänzungsleistungen helfen, die schlimmsten Folgen von Armut zu lindern. Die Sozialberatung steht allen kostenlos zur Verfügung.