Im Rahmen des Pilotprojekts «Coaching für betreuende Bezugspersonen» hat Pro Senectute mit der Fachhochschule Ostschweiz ein Computer-Programm entwickelt. Pro Senectute Nidwalden hat es getestet und positive Erfahrungen gemacht.
Mirjam Rüttimann coacht für Pro Senectute Nidwalden betreuende Bezugspersonen.
Betreuende Bezugspersonen leisten in der Schweiz den Löwenanteil der Betreuung älterer Menschen. Um sie zu unterstützen, hat Pro Senectute mit der Fachhochschule Ostschweiz (OST) das dreijährige Pilotprojekt «Coaching für betreuende Bezugspersonen» durchgeführt. Ziel des Coachings ist es, betreuende Bezugspersonen für sich verändernde Betreuungssituationen zu sensibilisieren: «Die betreute Person braucht mit zunehmenden Alter meist mehr Unterstützung. Aber auch die betreuende Person erlebt berufliche oder familiäre Veränderungen», erklärt Mirjam Rüttimann von Pro Senectute Nidwalden.
Sie hat betreuende Bezugspersonen im Pilotprojekt als Coach begleitet. In ihren Coachings greift sie auf das Sensibilisierungsinstrument zurück, das die OST für das Coaching entwickelt hat. «Das Instrument erlaubt es, Belastungen dank systematischen Fragestellungen und Computer-Simulationen sichtbar zu machen», sagt Rüttimann.
Im Programm können verschiedene Zukunftsszenarien eingegeben und Handlungsoptionen abgeleitet werden. «Damit können wir verhindern, dass betreuende Bezugspersonen erkranken», sagt Rüttimann. Zudem können familiäre Konflikte und Heimeintritte vermieden werden. Pro Senectute Nidwalden hat das Coaching bereits ins Dienstleistungsangebot aufgenommen. Für Rüttimann stellt es eine gute Ergänzung zur Sozialberatung dar: «Im Gegensatz zur Sozialberatung befähigen wir Menschen im Coaching dazu, Antworten auf Fragen selbst herauszufinden.»
Durch ihre Doppelrolle als Coach und Sozialberaterin könne sie zudem Unterstützung bei der Vermittlung weiterer Dienstleistungen von Pro Senectute und anderen Organisationen anbieten. Sie schätzt den Bedarf von betreuenden Bezugspersonen als gross ein. Die Krux sei aber, dass viele betreuende Bezugspersonen von sich aus keine Unterstützung holen: «Sie sind oft im Hamsterrad und vernachlässigen ihre eigenen Bedürfnisse. Es ist deshalb eine Herausforderung, sie zu erreichen», so Rüttimann.
Fast 85 Prozent der über 80-jährigen Menschen leben in den eigenen vier Wänden. Bekannt ist auch, dass mit zunehmendem Alter die Fragilität steigt. Dies bedingt häufig, dass ältere Menschen vermehrt auf Unterstützung und Betreuung angewiesen sind.
Bis zum 80. Lebensjahr sind viele ältere Menschen nicht auf pflegerische Leistungen angewiesen. Jedoch benötigen sie häufig schon früher Unterstützung und Betreuung im Alltag, um so lange wie möglich zu Hause bleiben zu können. Im Gegensatz zur Pflege sind die Betreuungsleistungen nicht über eine Versicherung abgedeckt.
Diese Leistungen erbringen mehrheitlich Angehörige, Freunde und Nachbarn. Dieser Betreuungs- und Unterstützungsbedarf besteht oft über mehrere Jahre und meist nimmt die Belastung für die Bezugspersonen in dieser Zeit kontinuierlich zu. Für die Betreuungsperson besteht die Gefahr, an ihre Belastbarkeitsgrenzen zu stossen, sich sozial zu isolieren sowie finanzielle Einbussenzuerleiden.
Betreuende Bezugspersonen benötigen Unterstützung und Entlastung, damit sie ihre Aufgabe erfüllen können und es nicht zu Situationen kommt, in denen die zu betreuende Person gedemütigt oder vernachlässigt wird. Pro Senectute Schweiz setzt sich in diversen nationalen Arbeitsgruppen und in der Öffentlichkeitsarbeit dafür ein, dass Unterstützungs- und Betreuungsleistungen allen zur Verfügung stehen und Gewalt im Alter verhindert werden kann.